Wie der Zaunkönig zu seinem Namen kam

Nach einer Fabel des Äsop (um 600 vor Christi) beschlossen einst die Vögel, denjenigen zu ihrem König zu machen, der am höchsten flöge. Dies vermochte der Adler, aber als er sich wieder senken musste, erhob sich der kleine Zaunkönig, der sich in seinem Gefieder versteckt hatte, flog noch höher und rief: „König bin ich!“

 

Nur ein kurzes Leben

„Ein Zaunkönig füttert hier gerade seine sechs Küken im Nest“, teilte Gottfried Thoss aus der Sander Hauptstraße bewegt mit. Eigenartig, denn sonst sind doch höchstens nur zwei bis drei gelbe Rachen der bettelnden Jungen am 25 Millimeter großen Eingangsloch des kugelförmig geschlossenen Nestes der Zaunkönige zu sehen. Hier aber hat ein Paar seine Kinderstube unter einen hängenden Blumenkorb gebaut. Wer das künstliche Dach später zur Seite gedrückt hat und somit den Jungvögeln die Deckung nahm, blieb ungeklärt. Die Jungen wurden in kurzen Abständen noch zwei Tage gefüttert. Dann war das Nest leer und die Überreste der Jungvögel lagen auf dem Boden. Nach der Trauer um die zauberhaften Küken geriet eine Katze in Verdacht, die schon mehrmals ganz in der Nähe beobachtet wurde. Daher die Bitte an die Katzenhalter, dass sie ihre Tiere während der Brutzeit in der Wohnung behalten oder ihnen wenigstens ein Halsband mit Glöckchen umlegen, damit sie nicht unbemerkt im Garten lauern können.

Zaunkönig

Foto: Franz Dreidax

Zaunkönige sind mit 9,5 Zentimetern nach den Goldhähnchen unsere kleinsten Vögel. Sie haben eine rundliche Gestalt und sind rostbraun mit feiner Bänderung. Beide Geschlechter tragen das gleiche Kleid. Der kleine Vogel huscht geschickt durch die Sträucher und verfolgt Insekten, Spinnen und anderes Getier bis in die entferntesten Verstecke. Wenn er sich mit steil aufgerichtetem Schwänzchen auf dem Boden zu schaffen macht, ruft er oft „tetetet“ oder „zerzer“ und „zerz“. Noch mehr überrascht er mit seinem volltönenden schmetternden Lied auf seiner Singwarte. Das Männchen baut mehrere Nester zur Auswahl für sein Weibchen. Weiter stellt der große Baumeister zusätzlich Schlaf- und Spielnester an verschiedenen Orten her wie in Büschen, Höhlen oder unter Hausüberdachungen wie auf dem Foto.

Zaunkönig

Foto: Franz Dreidax

Zaunkönige brüten etwa vierzehn Tage im April und noch einmal im Juli. Nach zwölf bis fünfzehn Tagen verlassen die Jungen ihr Nest. Bei gutem Nahrungsangebot kann der Zaunkönig zum Casanova werden und bringt bis zu vier Weibchen in seinen Nestern unter, die ihre Brut dann selber versorgen müssen. Im Winter bleiben unsere Zaunkönige hier. Selbst bei Schneefall erfreuen sie uns dann manchmal mit ihrem eindringlichen Gesang.

 

„Man trifft heut‘ manchen Zaungast zwar,

doch der Zaunkönig, der wird rar,

der durch die Gärten, grün umbuscht,

so winzig wie ein Mäuschen huscht.“

(Eugen Roth)

 

Franz Dreidax, 29.06.2013

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