Foto: Franz Dreidax

Basstölpeln  (Morus bassanus)

darf man nahetreten

 

Auf der Wanderung über Treppen und Stufen entlang der roten Steilküste zur Langen Anna, Helgolands eckige Säule aus Buntsandstein, hält jede Wegbiegung einzigartige Aussichten bereit.

Der Blick reicht vom Klippenkohl an der Kante über Felsen und Meer bis zum Horizont, nimmt schwebende Vögel wahr, die sich an den schroffen Wänden von Aufwinden tragen lassen, und Heidschnucken auf grasbewachsenen Hügeln nebenan.

Die hallenden Rufe ‘kitti - wääh kittiwaik’ sind durch die Abnahme der Dreizehenmöwe weniger geworden und werden manchmal schon vom schnarrenden ‘Rab Rab Rab’  oder ‘Arra Arra’ der Basstölpel übertönt.

Auf den Klippen von Helgoland versammeln sich zur Brutzeit Vogelarten, die sonst auf dem Meer leben: Eissturmvogel, Dreizehenmöwen auf kleinen Felsvorsprüngen, schwarzweiße Trottellummen auf Simsen und die ‘urrr’ rufenden Tordalken auf Felsenbänken.

Vor allem breiten sich Basstölpel am sichtbarsten aus. 1991 haben sie sich auf Helgoland niedergelassen, inzwischen umfasst die Kolonie am Lummenfelsen und auf der Langen Anna 1000 Brutpaare. Dort sind sie von März bis September anzutreffen. Die letzten Jungvögel verlassen ihren Geburtsort im Oktober.

Foto: Christiane Heussen

Der Rundweg führt direkt zu einer Felsenkuppe, auf der das von Zeremonien bestimmte Brutverhalten der Meeresvögel aus einer Entfernung von 3 - 4 Metern miterlebt werden kann. Dabei fühlen sich die zutraulichen Vögel von den Besuchern hinter ihren langen Objektiven offensichtlich nicht gestört.

Alle Nester liegen außerhalb der Schnabelreichweite der Nachbarn voneinander entfernt.

Foto: Franz Dreidax

Männchen kämpfen heftig um Brutplätze. Hat eines einen Nistplatz in der engen Kolonie erobert, lockt es mit vollendeten Verbeugungen Weibchen an, streckt die Flügel aus und schwenkt den Kopf tief hin und her. Nähert sich ein Weibchen, wird es am Nacken gefaßt, ist es bereit, bleibt es stehen und dreht den Kopf zur Seite. Daraufhin übergibt ihm das Männchen den Nistplatz. Hält das Weibchen noch weitere Bisse aus, bringt ihm das Männchen Tang, Gras und Plastikmüll zum Bau des Topfnestes. Das Plastikmaterial fordert jährlich Todesopfer, da sich die Tiere darin verfangen und sich daraus nicht mehr befreien können.

Das junge Paar begrüßt sich jetzt bei jedem Zusammentreffen Brust an Brust stehend, mit ausgebreiteten Flügeln und hochgereckten Schnäbeln fechtend und laut rufend.

Nach der Paarung legt das Weibchen ein Ei, das von den Eltern abwechselnd auf besondere Weise ausgebrütet wird. Dabei werden die Füße mit den zur Brutzeit wärmeren Schwimmhäuten um das Ei gelegt. Das dunkelhäutige Küken schlüpft blind und mit wenig Federn bedeckt, die sich aber bald zu einem dichten, weißen Mantel entwickeln. Beim Füttern nimmt der Altvogel zunächst den Kopf des Kükens in den Schnabel und würgt halbflüssige Nahrung hoch.

Foto: Axel Bürgener

Mit dem starken, vorne gezahnten Schnabel, können Basstölpel ihren Nachwuchs zart und einfühlsam umsorgen und den Partner kraulen.

Ab dem 15. Tag steckt der Jungvogel selber seinen Schnabel in den Schlund der Eltern und erhält so angedaute Fischnahrung.

Bei der reichhaltigen Kost erreicht das Küken in der 12. Woche ein Gewicht von etwa 4 Kilogramm und ist somit schwerer als die erwachsenen Vögel.

Wird der Jungvogel in der 14. Woche flügge, gleitet er zum Wasser hinunter, wo er ohne Hilfe der Eltern aufs Meer hinausschwimmt. Bis er den Fischfang beherrscht, zehrt er vom angesammelten Körperfett. Und erst wenn das schwierige Auffliegen mit Anlauf vom Meer gelingt, kann er sich von seinen langen, schmalen Flügeln elegant in Richtung Süden tragen lassen.

Junge Basstölpel legen im ersten Lebensjahr die weitesten Strecken zurück, manchmal bis zum Äquator, wo sie auf ihre tropischen Verwandten treffen können, von denen es 6 Arten gibt.

Im 2. Lebensjahr zieht es den geflügelten Helgoländer wieder zu seiner Kolonie auf dem roten Felsen zurück.

Auf dem Suchflug u. a. nach Heringen und Makrelen erreichen Basstölpel auf Grund ihres überragenden Flugvermögens bis zu 200 Kilometer vom Brutplatz entfernt liegende Meeresgebiet.

Damit können sie den Rückgang der Fischbestände besser ausgleichen als Meeresvögel, die ihre Nahrung näher an der Kolonie suchen wie z. B. Dreizehenmöwen.

Hat ein Basstölpel einen Beutefisch in etwa einem Meter Tiefe entdeckt, geht er in den Sturzflug über. Mit 100 km/h legt er vor dem Eintauchen die Flügel an, schießt unter den Fisch und ergreift die Beute auf dem Weg nach oben und verschluckt die Beute noch vor dem Auftauchen.

Die Geschlechter bei Basstölpeln gleichen sich in Größe und Gefieder. Mit ihrem rahmfarbenen Kopf, schwarzen Flügelspitzen und dem sonst weißen Gefieder sind sie unverwechselbar. Ihr Gewicht liegt bei etwa 3,3 kg, sie sind 110 cm groß bei einer Flügelspannweite von 180 cm. Jungvögel sind zunächst sehr dunkel, hellen aber von Jahr zu Jahr auf, bis sie im 5. Jahr reinweiß und geschlechtsreif sind.

Die unbefiederte schwarze Haut am Kopf wirkt wie Streifen und verleiht dem Gesicht den strengen Ausdruck.

Seeleute nannten den wenig scheuen, watschelnden Ruderfüßler Dummkopf, woraus später Tölpel wurde. Um aufzufliegen, müssen die großen Meersvögel mit ihren weit hinten angesetzten Beinen einen Anlauf nehmen. Waren sie zum Ausruhen auf Schiffen gelandet, konnten sie leicht gefangen und schmackhaft zubereitet werden.

Die mit etwa 49 000 Brutpaaren besetzte Felseninsel Bass-Rock vor der schottischen Ostküste hat zur ersten Silbe und zum Namen Basstölpel geführt.

Margot Faber und Franz Dreidax sind 1975 mit dem Naturschriftsteller Fritz Siedel aus Sande zum diesem legendären Bass-Rock gereist, um Basstölpel zu sehen, zu erleben und Tonaufnahmen zu machen.

Um wie Vieles leichter haben es Vogelfreunde heute auf Helgoland.

 

F.D. 2018 -08-08

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