Keine Austernfischer…
Die harten Schalen der Austern können von den sonst so geschickten Muschelfischern nicht geknackt werden. Von daher ist der Name "Austernfischer" für die bekanntesten Vögel im Wattenmeer nicht zutreffend. An das Fleisch von Mies- und Herzmuscheln kommen Austernfischer durch Aufspalten und Zertrümmern jedoch schnell heran. Beim Aufhämmern der Muscheln nutzt ihr Schnabel zwar ab, dieser wächst aber täglich nach. Die farbigen, 43 Zentimeter großen Austernfischer, deren gellende Pfeif-Rufe „kliiep – kliiep“ und ihre Trillerbalz für das Wattenmeer typisch sind, gehören zu den auffälligsten und unterhaltsamsten Watvögeln überhaupt.
Während sie in der Zeit von Ende April bis Ende Juni in einer mit Steinen und Muscheln ausgelegten Mulde brüten und dann ihre Küken aufziehen, nutzen die findigen Tiere alle Möglichkeiten ihrer Umgebung. Zum Beispiel dienten ihnen am Südstrand parkende Autos als Aussichtswarten und ein abgestellter Anhänger ihren Jungen als Schutz vor Sonne und Regen. Mit Kies bedeckte Flachdächer werden bei den Austernfischern zu kleinen Brutgebieten, auf denen sie auch ihre Jungen erfolgreich aufziehen können, da sie im Unterschied zu anderen Watvögeln den Küken Futter zutragen.
Außerdem sind Austernfischer nicht nur auf das Nahrungsangebot im Wattenmeer angewiesen, da sie auch auf meeresfernen Wiesen Nahrung finden, indem sie dort nach Würmern und Insekten stochern. Mit ihrer Anpassungsfähigkeit zeigen auch Tiere, dass sie in der Lage sind, neue Wege zu suchen und Ersatz für bedrohte Lebensräume zu finden.
Pfeif- und Trillerritual
Mit nach vorne gestrecktem Hals und nach unten gerichtetem, geöffnetem Schnabel läuft ein Austernfischer auf andere Artgenossen zu, die dann sofort das gleiche Verhalten zeigen. Wenig später läuft dann der ganze Trupp von Austernfischern nebeneinander her. Dabei "pfeifen" und "trillern" alle Vögel laut und anhaltend. Vogelforscher vermuten heute, dass diese merkwürdige Verhaltensweise Angriffslust abbaut und den Vögeln wahrscheinlich Kräfte zehrende Revierkämpfe erspart.
