Kuckuck oder Sperber?

Im Schilf des schmalen Leitgrabens im Gödenser Hammerrich versteckt, hängt eine um mehrere Halme gewobene kunstvolle "Kinderwiege", die schon bald fünf Vogelküken beherbergen soll. Beunruhigt erblickt der kleine, tief im Napfnest versunkene, brütende Teichrohrsänger einen Vogel mit gestreifter, gesperberter Brust, der sein Nest niedrig überfliegt. Als dieser sich im nahen Weißdornbusch niederlässt und ihn beobachtet, fliegt der kleine Sänger vom Nest auf und beschimpft (hasst) den Eindringling mit schrillen Stimmlauten. Schon bald erhält er Gesellschaft von anderen Kleinvögeln, die ebenfalls in das Schimpfkonzert einfallen, um den Feind zu vertreiben. Der vermeintliche Sperber ist aber ein Kuckuck, der nun zum verlassenen Nest des Teichrohrsängers fliegt, ein Ei aus dem Nest ins Wasser schmeißt und in wenigen Minuten ein eigenes Ei ins Nest legt, das in Farbe und Größe zum vorhandenen Gelege passt.

Nach der gelungenen "Umtauschaktion" sucht der Kuckuck schnell das Weite, gefolgt von der zeternden Vogelschar.

Im April/Mai kommt der Kuckuck aus Afrika zurück. Mit seinem Kuckucksruf lockt er Weibchen an, die trillernd und kichernd antworten. Andere Männchen werden aus dem Revier vertrieben. Dem Kuckuck fehlt der Brutpflegetrieb. Daher legt das Weibchen neun bis zwanzig Eier in die Nester von kleineren Singvögeln - wie Rotkehlchen, Grasmücken oder Rohrsängern - und überlässt die Aufzucht den Pflegeeltern. Bei der Eiablage bevorzugt das Weibchen die Vogelart ihrer eigenen Pflegeeltern. Schon nach dreizehn Tagen schlüpft der junge Kuckuck aus und nimmt sofort instinktiv die Eier oder die Jungen der Pflegeeltern auf den Rücken und schiebt sie über den Nestrand.

Der "junge Athlet" ruht nicht eher, bis er allein im Nest zurückbleibt. Er sperrt dann immer seinen auffallend gelbroten Rachen auf, in den die Pflegeeltern dann unermüdlich Nahrung hineinstopfen.

So ziehen sie den übergroßen Nestling auf, der die eigene Brut aus dem Nest geworfen hat. Der Kuckuck sieht dem Sperber sehr ähnlich und im Flug kann er wegen seiner spitzen Flügel leicht mit dem Turmfalken verwechselt werden.

Es handelt sich um eine Form von Mimikry (Farb- und Gestaltanpassung), um möglichen Pflegeeltern die Anwesenheit eines Greifvogels vorzutäuschen und diese damit vom Nest zu vertreiben. Die 33 Zentimeter großen Kuckucksmännchen unterscheiden sich kaum von ihren Weibchen. Ihre Köpfe und Oberseiten sind schiefergrau, die Unterseiten weiß mit auffallend grau-brauner Bänderung (gesperbert). Leuchtend gelb erscheinen Augen und Schnabelwurzel, Füße und Krallen. Die Kuckucksnahrung besteht aus Insekten, Spinnen, Regenwürmern und Hundertfüßlern, wobei die Kuckucke behaarte Raupen bevorzugen. Der junge Kuckuck zeigt beispielhaft den angeborenen Orientierungssinn bei Zugvögeln. Im September zieht er allein - zumeist nachts - zum Überwintern oft bis ins südliche Afrika. Im Frühling wird kein Laut in der Natur mehr erwartet als der weitschallende und oft wiederholte Kuckucksruf. Dieser Ruf führte zur Kuckucksuhr, zu vielen Redensarten und Volksliedern:
 

FD am 25.05.2014

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